Vor mehr als einem Jahr habe ich die Zelte in Deutschland abgebrochen. Ich ging zunächst für neun Monate auf eine kleine Weltreise. Seit meiner Rückkehr bin ich nicht wieder sesshaft geworden, sondern weiterhin viel unterwegs. „Reisen bildet“, sagt man. Und es stimmt: In diesem Jahr habe ich viel gelernt, auch über mich selbst. Mit diesem Artikel möchte ich dir das Reisen als ein Weg zur persönlichen Weiterentwicklung empfehlen. Es gibt mindestens neun Möglichkeiten, wie auch du an einer Reise wachsen kannst. (Ein Gastbeitrag von Patrick Hundt)
1. Die Fähigkeit, allein zu sein
Uns Menschen zieht es immer in die Gesellschaft unserer Mitmenschen. Wir brauchen das Zugehörigkeitsgefühl. Wir orientieren uns an anderen, um zu wissen, wo wir stehen, wer wir sind und wie wir uns zu verhalten haben.
Daher fürchten sich so viele Menschen davor, allein zu verreisen. Es sind nicht so sehr die Unwägbarkeiten einer Reise, die sie beunruhigen, sondern der Zustand des Alleinseins. Sie werden gezwungen, in sich zu hören, zu erkennen was sie selbst wollen und müssen jede Entscheidung allein treffen.
Das kann nicht jeder, aber es ist eine außerordentlich wichtige Fähigkeit. Beim Alleinsein ergeben sich große Chancen für persönliches Wachstum. Viele davon finden sich in den folgenden Abschnitten dieses Textes wieder.
2. Du lernst dich selbst kennen
Ob du nun allein verreist oder zu zweit: Beim Reisen lässt du dein gesamtes Umfeld zuhause: Familie, Freunde, Kollegen. So befindest du dich in einer Situation, die einzigartig geworden ist.
Niemand redet dir herein oder beeinflusst dich mit Erwartungen, die nicht deine sind.
Nimm dir unterwegs mehr Zeit für dich, anstatt dich bei jeder Gelegenheit seicht unterhalten zu lassen. Eine lange Busfahrt, ein Tag am Strand, eine Stunde in der Hängematte: Das sind alles gute Gelegenheiten, um in dich zu gehen und zu reflektieren.
Denke darüber nach, was du von deiner Reise willst oder vom Leben an sich. Ohne den Krawall von außen wirst du dich besser selbst kennenlernen.
Falls du nicht allein reist, zieh dich auch mal zurück und nimm dir die Zeit trotzdem.
3. Auf Menschen zugehen
So wichtig das Alleinsein unterwegs auch ist: Wir brauchen dennoch Kontakt zu anderen Menschen. Und auch am anderen Ende der Welt gibt es viele Menschen, die es lohnt, kennenzulernen.
Da du niemanden kennst, aber soziale Kontakte brauchst, wirst du auf Reisen dazu gezwungen, auf andere Menschen zuzugehen. In einer lockeren Reiseatmosphäre ist das ohnehin wesentlich leichter als im stressigen Alltag. Du wirst schnell merken, dass Menschen gern angesprochen werden, wenn sie entspannt sind.
Einen Teil dieser neuen Lockerheit wirst du sicherlich auch in die Heimat hinüber retten können.
4. Menschen kennenlernen, die man sonst nicht trifft
Während meiner langen Reise um die Welt bin ich immer wieder auf Menschen getroffen, denen ich zuhause nie begegnet wäre. Daheim bewege ich mich in einem bestimmten Milieu und treffe vor allem auf Menschen, die mir relativ ähnlich sind.
Doch unterwegs werden diese Milieus zumindest teilweise durcheinander gewürfelt. Plötzlich unternahm ich Ausflüge mit Menschen, die sich zuhause nicht für mich interessieren – und ich mich nicht für sie. Solche Kontakte können sehr befruchtend sein und am Ende steht die Erkenntnis: So verschieden sind wir alle gar nicht.
5. Vorurteile abbauen
Durch solche Erkenntnisse werden Vorurteile abgebaut. Das betrifft nicht nur meine Mitreisenden, sondern geschieht auf allen Ebenen. Je mehr ich reise, desto eher kann ich mir selbst ein Bild von Land und Leuten machen.
Von Deutschland aus wird die Welt oft als ein gefährlicher Ort wahrgenommen. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn über entfernte Länder erhalten wir Informationen zumeist aus den Nachrichten. Und es ist keine Neuigkeit mehr, dass Nachrichten fast immer negativ sind.
So entsteht beispielsweise ein Bild von Entwicklungsländern, das nur auf Gewalt, Hunger und sonstigem Elend basiert – wer will dort schon hin?
Vor Ort zeichnet sich jedoch ein ganz anderes Bild und aus Vorurteilen wird plötzlich eine Wahrheit, die gar nicht mehr so eindeutig ist. Dann stellst du fest, dass die Welt ein freundlicher Ort mit liebenswerten Menschen ist. So sind viele Länder Asiens wesentlich sicherer als Teile der westlichen Welt, da dort eine Mentalität gelebt wird, die weniger auf Egoismus, dafür mehr auf Gemeinschaft setzt.
Und vor allem: Armut ist nicht mit Unglück gleichzusetzen. Viele Menschen, die von nicht mehr als zwei oder drei Euro am Tag leben, wirkten auf mich zufriedener und ausgeglichener als manch gehetzter Deutscher.
6. Andere Wege gehen
Wir Menschen neigen dazu, gewohnte Wege immer wieder zu gehen. Was sich einmal bewährt hat, wird ständig wiederholt. Die klassische Aussage dazu: „Das haben wir schon immer so gemacht.“
Das finde ich grundsätzlich sinnvoll, denn wer will jedes Mal das Rad neu erfinden? Doch diese Sichtweise schränkt auch ein. Wer durch fremde Länder reist, wird oft ganz andere Problemlösungen kennenlernen und so den eigenen Horizont erweitern.
Hong Kong ist ein gutes Beispiel für kreative Lösungen. Die Stadt platzt aus allen Nähten. Es gibt keinen Platz für einen neuen Flughafen? In Hong Kong wurde er einfach ins Meer aufgeschüttet. Teile von Hong Kong Island sind zu steil für Fußgänger, aber man möchte trotzdem Menschen dorthin lotsen? Dann wird eben eine 800 Meter lange Rolltreppe gebaut, um ganze Menschenströme zu verschieben.
7. Die eigene Komfortzone erweitern
Reisen kann anstrengend sein. Wie viel man sich zumutet, hat jeder selbst in der Hand, doch Anstrengungen werden durchaus belohnt.
An jedem Tag kann es unbequem werden: Ich habe bereits erwähnt, dass Reisende auf andere Menschen zugehen müssen. Gleichzeitig müssen sie es hin und wieder mit Menschen aushalten, die sie sich nicht ausgesucht haben. In ärmeren Ländern müssen sie Leid ertragen, vor dem sie sonst die Augen verschließen. Unterkünfte sind oft ungemütlich und lange Busfahrten unbequem. Die schwüle Hitze in tropischen Ländern ist meist unangenehm.
Und doch bringt uns das alles weiter. Denn wer das Unbequeme auf sich nimmt, kann mit den kleinen Problemen des Alltags besser umgehen. Die nächsten Herausforderungen werden mit größerer Leichtigkeit angegangen, denn eine einmal überwundene Hürde wird als solche kaum noch wahrgenommen. Mittlerweile graut es mir nicht mehr vor Busfahrten, denn ich weiß, dass jede noch so lange und unbequeme Fahrt ein Ende haben wird und ich mich im Nachhinein ohnehin nicht mehr an die Qualen erinnern kann.
Auch eine kurze Hitzewelle im deutschen Sommer macht mir heute nicht mehr viel aus, nachdem ich viel unangenehmere Temperaturen erlebt habe. Natürlich schwitze ich immer noch, doch ich empfinde es nicht mehr als so unangenehm.
8. Die Kunst der Gelassenheit
Das Reisen lehrte mich mehr Gelassenheit. Deutsche Effizienz, Pünktlichkeit und Genauigkeit gibt es in den meisten Ländern nicht. Versteht mich nicht falsch: Ich schätze diese Werte sehr! Aber sie machen uns auch unruhig. Spätestens dann, wenn unsere Erwartungen an die deutschen Tugenden enttäuscht werden.
In vielen Ländern wirst du deine Erwartungen schnell und weit nach unten schrauben. Zum Beispiel muss man mit der laotischen Langsamkeit erst einmal zurecht kommen. Nur wenn das gelingt, macht das Reisen dort wirklich Freude. Kehrst du später nach Deutschland zurück, wirst du unsere Hektik mit anderen Augen sehen und bestimmt ein bisschen laotische Gelassenheit in die Heimat mitnehmen.
Ich frage mich nun eher, wie wichtig es wirklich ist, dass ich fünf Minuten eher zuhause bin und dafür zu schnell fahre. Und ärgert es mich wirklich, dass die Servicekraft mich nicht sofort bedient oder, dass sich im Supermarkt jemand vordrängelt? Ein Laote wüsste nicht, worüber ich mich aufzuregen hätte.
9. Besinnung auf das Wesentliche
Vor meiner ersten langen Reise nahm mein Leben den üblichen Verlauf: Nach dem Studium steigerten sich meine Einnahmen über die Jahre immer weiter. Meine Ersparnisse sind jedoch nicht im gleichen Maße gestiegen. Denn wer mehr Geld verdient, gibt auch mehr Geld aus. In der Regel für Konsum.
Über das Reisen habe ich diese Spirale durchbrochen. Unterwegs war ich weniger Werbung ausgesetzt und was ich nicht weiß (über Produkte, die ich begehren könnte), macht mich nicht heiß. Außerdem hatte ich nur einen Rucksack bei mir und jede gekaufte Ware hätte mir auf dem Rücken gelastet.
Vor allem aber merkte ich schnell, dass es auch ohne mehr Zeug geht. Ich hatte alles bei mir, was ich brauchte.
Nicht zuletzt kann jeder Euro nur einmal ausgegeben werden. Heute gebe ich mein Geld lieber für Reisen und andere Erlebnisse aus. Ich gönne mir durchaus einiges – aber keine Produkte, die nicht in meinen Rucksack passen.
Wenn du selbst eine längere Reise vor dir hast, befreie dich von so viel Krempel wie möglich. Jeder überflüssige Besitz wird dich in Deinem Vorhaben belasten, denn er muss transportiert und eingelagert werden. Spätestens unterwegs wirst du merken, dass du nichts davon vermisst. Ich sage sogar voraus, dass dir beim Reisen noch unzählige Dinge einfallen werden, die du nach deiner Rückkehr loswerden möchtest.
Fazit
Ich bin davon überzeugt, dass dich das Reisen in ferne Länder persönlich wachsen lässt. Mir hat es geholfen und mit jeder Reise entwickle ich mich ein Stück weiter. Ich bin heute offener für die Ideen anderer, gehe etwas gelassener durch die Welt und vor allem bin ich zufriedener mit weniger Konsum. Ich brauche weniger Dinge, die sich nur mit Geld kaufen lassen. Ganz nebenbei bin ich von meinem Ziel abgewichen, steinreich sein zu wollen. Das ist aus meiner Sicht ein großer Schritt nach vorne, da er mir viele Freiräume in anderen Bereichen des Lebens schafft.
Probiere es einfach mal aus und lass dich auf einen Wachstumsschub beim Reisen ein.
Über den Autor
Dies ist ein Gastbeitrag von Patrick Hundt. Patrick lebt und arbeitet ortsunabhängig. Als digitaler Nomade nimmt er seine Arbeit dorthin, wo andere nur in den Urlaub fahren. In seinem Blog 101places.de schreibt Patrick über seine Erfahrungen beim Reisen. Sein persönliches Wachstum und ein freier Lebensstil stehen dabei im Vordergrund. Sei dabei und begleite Patrick auf 101places.de bei seinen Reisen.
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Foto: candela / photocase.com
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